Ich hatte die Ehre, einen jungen und engagierten Studenten, David Haas, interviewen zu dürfen. David ist sehr passabler Jurist und hat zusammen mit seinem Bruder „BuildUP“ gegründet (mehr Infos unten). Das machte vor kurzem sogar die Wirtschaftswoche neugierig. Gute Gelegenheit also, ihn mal zu seinen Zeitmanagementtaktiken zu verhören…
Martin: David, du bist Jura-Student mit sehr passablen Noten und hast nun mit deinem Bruder ein Unternehmen gegründet. Und das mit 24 Jahren. Du hättest doch super Chancen in eine Top-Kanzlei oder eine Unternehmensberatung zu gehen. Warum dieses Risiko? Woher kommt die Motivation?
Während meines Auslandsaufenthaltes in China 2007 bin ich viel spazieren gegangen und habe mir bewusst die Zeit genommen, darüber nachzudenken was ich wirklich im Leben machen will. Was sind die Dinge die mich begeistern? Welchen Weg würde ich wählen, wenn ich wüsste ich könnte nicht scheitern? Dabei habe ich gemerkt, dass mich die Arbeit mit Jugendlichen begeistert. Nach dem Abi wusste ich selbst noch nicht so richtig, was ich mit den nächsten Jahren anfangen möchte. Vielen Schülern geht es heute genauso. Dieses gesellschaftliche Problem anzugehen fand ich spannend. Da Dinge organisieren, leiten und „etwas“ aufbauen mir Freude bereitet, lag die Gründung eines eigenen Unternehmens nicht fern. Die Möglichkeit, das mit meinem Bruder gemeinsam zu starten, hat diese Entscheidung bekräftigt bzw. erst so richtig reifen lassen.
Wenn man weiß, was man wirklich machen will sind die Risiken nebensächlich. Umgedreht haben Risiken auch einen gewissen Reiz. Ja, Unternehmensberatung oder Top-Kanzlei klingt gut. Aber wie heißt es so schön: „ Der Feind des Besten ist das Gute.“
Martin: Verstehe. Dennoch hat so ein Gründungsprozess viele Unbekannte und Variablen. Wie reduziert Ihr die Unsicherheit? Wie trefft Ihr Eure Entscheidungen?
Ich versuche eine Entscheidung immer in alle wesentlichen Komponenten zu zerlegen. Das reduziert zumindest die Komplexität. Ob das die Unsicherheit reduziert, ist eine andere Frage. Wir Menschen möchten die Dinge um uns herum unter Kontrolle haben und uns „sicher“ fühlen. Viele Unsicherheiten lassen sich aber – vorallem in einer Gründung – nicht kontrollieren. Daher ist es aus meiner SIcht oft effektiver sein Sicherheitbedürfnis zu reduzieren als die Unsicherheit.
Martin: Als Jura-Student muss man enorm viel lernen. Du hast noch das Unternehmen und gibst viele Seminare. Wie schaffst Du es, das alles unter einen Hut zu bekommen?
Mehr als 4h Schlaf ist Luxus. Kleiner Scherz. Ich habe ca. 60h pro Woche, die ich verplanen kann. Zuerst wird das reingepackt, was die höchste Priorität hat. Dabei steht Unternehmen und phasenweise stattfindende Seminare sehr weit oben. 4-8h bleiben zurzeit für das Jurastudium übrig. Wenn ich pro Woche nur 4-8h für mein Studium Zeit habe ist die nächste Frage „Was davon ist das absolut Wichtigste?“ In einer Klausurenphase können sich die Prios dann natürlich einmal verschieben.
Martin: Sehr interessant. Was sind denn für dich deine persönlich zwei wichtigsten Zeitmanagement-Tipps/ Prinzipien die Du auch tatsächlich anwendest?
Erstens: Pareto Prinzip. Ich glaube die starke Priorisierung wie gerade beschrieben, zwingt einen zu der 20:80 Regel. Ich versuche mich immer wieder zu fragen: Was sind die 20%, die ausreichen um 80% des Ergebnisses zu erzielen? Und: Wo investiere ich zuviel Zeit, nur um die letzten 20% Perfektionismus zu erzwingen, die aber kaum einen Einfluss auf meinen Erfolg haben.? (–> siehe auch Regel 26, Golden Rules)
Zweitens: Konsequent sich Zeit für die wichtigen, nicht dringenden Dinge zu nehmen (Bspw. Sport, Familie & Freunde, strategischer Ausblick im Unternehmen). Es ein riesengroßer Unterschied, ob ich aus einer Ausgeglichenheit heraus fokussiert meinen Alltag bestimme oder aber den permanent dringlichen Dingen hinterherlaufe. (–> siehe auch Regel 22, Golden Rules)
Martin: Noch ein Stichwort liegt in der Luft: Multitasking. Wie schaffst du es, dich beim Lernen aufs Lernen und beim Arbeiten aufs Arbeiten zu konzentrieren? Kommen da nicht in der Bibliothek immer Gedanken wie “ich muss XY noch anrufen, ich muss die Rechnung noch schreiben, ich muss noch die Webseite aktualisieren, …” und dann schwirrt einem bei der Arbeit “Staatsrecht Probeklausur, Strafrecht noch 40 Paragraphen, Steuerrecht noch 2 Bücher lesen” durch den Kopf… ?
Anfangs war das nicht einfach. Während ich gerade Erbrecht gelernt habe, kam der Gedanke „Oh, du musst heute unbedingt noch die Seminartermine klären.“. Ich habe meine Gedanken aufgeschrieben. Eine große Erleichterung ist es, die Punkte einfach auf dem Tagesplan zu vermerken. Im Zeitfenster von 20-22Uhr ist genügend Zeit für diese „noch zu tun“ Aufgaben. Das schafft Ordnung im Denken. Na klar ist es richtig, dass man heutzutage 1000 Dinge zu tun hat. Mein Helferlein „denk dran was du alles noch machen musst“ hat recht und meint es wohl nur gut. Es muss aber auch lernen, dass ich die 1000 Dinge in der hälfte der Zeit schaffe, wenn ich mich jetzt nur auf eins konzentrieren kann und das zügig abarbeite. Das zu verstehen und zu verinnerlichen hat mein Helferlein irgendwie zum Schweigen gebracht. Damit liegt die Lösung wohl eher im „Only One-Tasking.“
Martin: Hast du noch einen letzten Appell / ein Motto für Studenten bzw. Berufsteinsteiger?
Ein Zitat von Steve Jobs: „You are already naked. There is no reason not to follow your heart. You’ve got to find what you love!“
Martin: Yupp. Danke für die Tipps. Jetzt aber zu den wirklich wichtigen Dingen im Leben: Lass uns ein Bier trinken gehen…
Hintergrund zu David´s Firma:
build.UP will Schüler fit fürs Leben machen. Es werden zwei Hanteln gestemmt:
- setUP: Kompetente und zuverlässliche fachliche Lernunterstützung, die weit über „Nachhilfe“ hinaus geht.
- liveUP: Spannende und hilfreiche Seminare zu zentralen Schlüsselkompetenzen die den Schülern helfen, ihr eigenes Potenzial zu entfalten
build.UP ist seit Anfang 2010 in Münster* tätig. Weitere Infos gibt es unter www.build-up.de <http://www.build-up.de> .
* Anmerkung von Martin: Gut das die die Jungs bisher nur in Münster sind – die Seminare sind nämlich echt gut. Hätte es die Semiare schon früher und deutschlandweit gegeben, wäre mein Studi-Survival-Guide wohl nie entstanden… 🙂
Kategorie: Berufswahl: Was soll ich studieren? | Artikel von Dr. Martin Krengel | am 10.05.2010