Multitasking: 6 Mythen, die Frauen und Männer kennen sollten

Multitasking: 6 Mythen, die Frauen und Männer kennen solltenHalb zwölf in Deutschland. Nach dem Winter dringen endlich wieder Sonnenstrahlen durchs Bürofenster. „Unbedingt die Sonnenbrille zur Mittagspause mitnehmen!“, denkst du, während du an einer Präsentation für deinen Chef sitzt. Plötzlich klingelt´s: Dein Chef bittet dich, für den Kundentermin morgen eine Agenda zu erstellen. Er braucht sie sofort.  Also los: Agenda erstellt, Präsentation abgespeichert – da stehen schon deine Kollegen bereit, um dich zur Mittagspause abzuholen. Alle gehen mit. Außer die Sonnenbrille, die vergisst du natürlich.


Multitasking Mythos

Multitasking ist Teil unseres Lebensalltags

Ähnliche Multitasking-Situationen hast du sicher schon erlebt. Ob im Büro, im Studium oder im Alltag: Multitasking bringt dich an die Grenzen deiner mentalen Leistungsfähigkeit. Je nach Konzentration und Aufmerksamkeit gelingt es mal besser und mal schlechter. Einige beherrschen es recht gut, andere scheitern schon, wenn sie sich unterhalten, während sie Milch in ihren Kaffee gießen – und sie dabei großzügig auf dem Tisch verteilen.

Bei der Mischung aus Erfahrungen, Halbwissen und Binsenweisheiten über Multitasking ist es schwer zu beurteilen, was wahr ist und was nicht. Deshalb haben wir mal in das Buch „Multitasking“ von Torkel Klingberg geschaut, der meint, zu wissen „Wie man die Informationsflut bewältigt ohne den Verstand zu verlieren.“ (Das ist der Untertitel). Daraus haben wir mal einige spannende Mythen und Fakten zum Multitasking extrahiert – für einen schnellen Überblick zum Thema.

 


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Zeitmanagement / Multitasking / Dr Martin Krengel


Mythen und Wahrheiten über Multitasking

Multitasking Mythos 1: Frauen sind eher multitaskingfähig als Männer

Die Wahrheit: Falsch.

Entwarnung für Männer: es gibt keine wissenschaftlichen Befunde, dass Frauen besser sind im Multitasking als Männer. Die Gehirne sind bezogen auf Arbeits- und Kurzzeitgedächtnis anatomisch identisch. Der stets beschworene Unterschied in der Verbindung der Gehirnhälften hat damit nichts zu tun.

 


 

Multitasking Mythos 2: Wir sind eher multitaskingfähig als unsere Vorfahren

Die Wahrheit: Fast falsch.

Theoretisch sind wir heutzutage genauso multitaskingfähig wie Neandertaler vor 40.000 Jahren. Denn auch seitdem hat sich am Bauplan nichts geändert. Es haben sich lediglich die Anforderungen geändert: Mammut jagen und vor Säbelzahntigern in Acht nehmen vs. Einkommenssteuererklärung anfertigen und bei Facebook chatten. Das Gehirn kann sich mit Training und Erfahrung jedoch auf neue Anforderungen ein gutes Stück anpassen und vielleicht nicht psychologisch multitasken, doch mit ein paar Strategien zumindest gefühlt besser damit umgehen.

 


 

Multitasking Mythos 3: Multitasking ist eine Frage der Wahrnehmung

Die Wahrheit: Richtig.

Allerdings haben sich die Art und vermutlich auch die Häufigkeit der Ablenkungen verändert. Besonders im Zuge der digitalen Revolution strömen tagtäglich Milliarden externer Reize auf uns ein. Die Wahrnehmung nimmt dabei eine Flaschenhals-Funktion ein: die Hirnneuronen liefern sich einen regelrechten Kampf. Und, wie immer, gewinnt der Stärkere und zwingt so zur Selektion. Das nennt sich dann biased competition und ist überlebenswichtig – denn ohne diese Selektion wären wir reizüberflutet.

 


 

Multitasking Mythos 4: Moderne Jobs erfordern Multitasking

Die Wahrheit: Richtig, aber…

Um genau zu sein: Laut einer US-Studie wird man im Bürojob alle 3 Minuten abgelenkt und hat durchschnittlich 8 Fenster am Rechner geöffnet. Was für ein Gemetzel in unserer geistigen Arena da stattfindet, kann man sich nur schwer ausmalen. Auf der anderen Seite wäre es spannend zu errechnen, wie produktiv Büromitarbeiter ohne diese oft unnötigen Ablenkungen wären…

 


Überforderung durch Multitasking?

Multitasking Mythos 5: „Autofahren, telefonieren, essen… kein Problem.“

Die Wahrheit: Falsch.

Allerdings ist es erwiesen, dass Handlungen, die zu einem Automatismus geworden sind, besser und störungsfreier im Multitasking-Modus ablaufen können. Das liegt daran, dass nicht jedes Mal zur Ausführung dieser Handlungen eine Aktivierung des Stirnlappens nötig ist. Dadurch bleiben Kapazitäten für „aktive“ Denkprozesse frei.

Das bedeutet: Autofahren und dabei ein Hörbuch hören scheint gefühlt kein Problem für viele zu sein. Eine Untersuchung zeigte allerdings, dass Autofahren und intensives Diskutieren (oder Telefonieren) bereits seinen Tribut fordern kann: Die gesprächigen Studienteilnehmer übersahen doppelt so viele Schilder und auch ihre Reaktionszeit in Krisensituationen war deutlich langsamer.

 


 

Multitasking Mythos 6: Multitasking ist ineffizient.

Die Wahrheit: Richtig.

Wenn wir zwei Aufgaben gleichzeitig bearbeiten, zwingen wir unsere Aufmerksamkeit zur Aufteilung der Ressourcen. Durch schnelles Hin- und Herschalten haben wir das Gefühl, dass wir am Ende beide Aufgaben zu 100% erledigt haben. Oder dass durch das gleichzeitige Bearbeiten sogar Synergieeffekte entstehen und wir unsere Gehirnleistung erhöhen. In etwa so:

Multitasking ist ineffizient

Leider vergessen wir dabei, dass wir nur mit voller Aufmerksamkeit die volle Leistung bringen können. Deshalb haben wir vielleicht zum aktuellen Zeitpunkt gefühlt 120% Leistung erbracht – allerdings haben wir dabei nur 30% der Energie in die eine Aufgabe und 90% in die andere gesteckt und können ein entsprechend wertvolles Ergebnis erwarten.

Ein Beispiel: Ich telefoniere mit einem Kunden über ein aktuelles Projekt. Nebenbei überfliege ich meinen E-Mail Posteingang und sortiere die Mails. Ich konzentriere mich zwar zu 90% auf das Gespräch, bin aber – nach der Logik der oberen Abbildung – auch mit 30% der Aufmerksamkeit bei meinen Mails. Nach dem Telefonat denke ich mir, dass ich zwei To dos erledigt habe und bin mächtig stolz. Allerdings habe ich am Ende 10% des Gesprächs nicht mitbekommen und kann nur hoffen, dass in diesem Teil nichts Wichtiges gesagt wurde.

Merke: Wenn wir zwei nicht automatisierte Aufgaben gleichzeitig erledigen, leidet automatisch die Qualität des Ergebnisses.

 


Multitasking Mythos

Multitasking Fazit: Spare dir den Streuverlust und konzentriere dich auf nur eine einzige Sache.

Multitasking ist eine Frage der Definition: Können wir schnell zwischen zwei Aufgaben hin- und herschalten? Ja. Alles eine Frage der Übung. Können wir tatsächlich zwei Dinge gleichzeitig tun? Nein! Es kann immer nur eine Information zur Zeit verarbeitet werden. Das Gehirn ist in dieser Hinsicht update-bedürftig.

Besser ist es deshalb, sich komplett einer Tätigkeit zu widmen und anschließend die nächste anzugehen. Das spart unterm Strich sogar Energie und Nerven!

 


 

Hier noch mal die 6 Multitasking Mythen im Überblick:

  • Multitasking Mythos 1: Frauen sind eher multitaskingfähig als Männer. Dafür gibt es bis heute keinen wissenschaftlich eindeutigen Beweis.
  • Multitasking Mythos 2: Wir sind besser multitaskingfähig als unsere Vorfahren. Fast falsch, denn seit 40.000 Jahren hat sich das Gehirn nicht verändert.
  • Multitasking Mythos 3: Multitasking ist eine Frage der Wahrnehmung. Unser Gehirn ist so konstruiert, dass es selektiert – beim Hin- und Herschalten gehen immer auch Informationen verloren.
  • Multitasking Mythos 4: Moderne Jobs erfordern Multitasking. Das ist offensichtlich so, leider ändert das nichts an der Unfähigkeit zum Multitasking.
  • Multitasking Mythos 5: „Autofahren, telefonieren, essen… kein Problem.“ Ein potenziell tragischer Irrtum.
  • Multitasking Mythos 6: Multitasking ist ineffizient. Die Streuverluste sind einfach zu groß. Lieber eins nach dem anderen erledigen.

 

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Quelle: Torkel Klingberg „Multitasking“

Ein großer Teil dieses Artikels basiert auf dem Buch „Multitasking. Wie man die Informationsflut bewältigt ohne den Verstand zu verlieren“ von Torkel Klingberg (2008)

Das Buch ist sehr spannend, leider verfehlt der Autor das Thema ein bisschen. Der Teil über Multitasking ist wirklich marginal und dadurch, dass das Kapitel in der Mitte steckt, geht es ziemlich unter. Im Grunde handelt das Buch eigentlich von Hirnforschung / Neurowissenschaften / Psychologie – Leser lernen also eine Menge über die Hintergründe und Grundlagen. Das Wissen wird sehr lebendig und anhand von Beispielen dargeboten (z.B. Lotta, die IT-Projektleiterin). Auch kritische Themen wie Aufmerksamkeitsdefizitstörung / ADHS bei Kindern wird thematisiert und infrage gestellt, ob es denn nun ein „echtes“ Krankheitsbild ist und ob man bei der medikamentösen Behandlung nicht mit Kanonen auf Spatzen schießt. Lesenswert? Auf jeden Fall!

Die gute Nachricht: Wir werden immer klüger, denn im Zeitraum von 1932 bis 1990 hat der IQ bei derselben Skala von 100 auf 120 zugelegt (Flynn-Effekt).


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